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Beitrag: «Hausbesitzern droht eine Teilabschaltung der Solaranlage»


Kurt Pfister:

«Hausbesitzern droht eine Teilabschaltung der Solaranlage» - so lautet der Titel eines Tagesanzeiger Beitrags vom 15. Juli. Grund: Der Ausbau der Fotovoltaik ist erfreulicherweise zu rasch erfolgt, bei zu viel Sonnenschein droht das Stromnetztes zusammenzubrechen. Gemäss im Juni beschlossenen Energiegesetz können die Netzbetreiber ferngesteuert und ohne Einwilligung der Besitzer, die Leistung der Fotovoltaikanlagen drosseln. Gleichzeitig sind Gigaprojekte in den Alpen geplant, für die es auch zu wenig Netzkapazität gibt und die dann auch bei Sonnenschein zusätzlich viel Energie produzieren werden.

Während Jahren wurde der Ausbau der Solaranlagen gefördert. Und hoppla, plötzlich ist es zu viel, es fehlt an entsprechender Infrastruktur, um die geförderte Energie sinnvoll nutzen zu können. Wo ist da eine Gesamtstrategie? Ideen sind gefragt!


Alexander Frei:

Energienetz-Betreiber haben die Pflicht, das Netz stabil zu betreiben und dass diese ständig zur Verfügung steht (keine Abschaltung durch Überlast). Dazu ist eine Leistungs-Reduktion oder gar eine Abschaltung von PVA-Einspeisungen eine Schutzfunktionalität vor Netzüberlastung.

Nun dürfen wir "die Flinte nicht gleich ins Korn werfen", es müssen sich alle Netzpartner, und da gehören auch die Photovoltaikbesitzer dazu, an die Zukunftslösung herantasten. Es kommen noch zahlreiche Herausforderungen auf uns zu und die Netzbetreiber müssen sich technisch aufrüsten und das notwendige Personal finden und ausbilden. Die Bestandteile eines gebauten Stromnetzes haben durchschnittlich eine Lebensdauer von 40-50 Jahren, da kann man nicht einfach Anlageteile, die z.B. 25 jährig sind (Halbzeit) ersetzen, das würde der Stromkunde bzgl. der Netzkosten gar nicht schätzen!

Mein Fazit: Da hat ein Journalist wieder einmal punktuell ein Thema aufgenommen, zu dem es eine breitere Betrachtung bräuchte als einen reisserischen Titel aufzusetzen. Und ja, die Schweiz ist gefordert, diese Probleme zu lösen; dazu hat sie aber auch schlaue Unternehmen und Denkfabriken.


Peter Pirani:

Da nicht alle Zugriff auf den zitierten Artikel haben, hier zuerst die wesentlichen Aussagen daraus:

·         PV-Strom liefert bereits etwa 8 Prozent des Stromverbrauchs in der Schweiz. Dies soll sich in diesem Jahr auf 14 Prozent erhöhen, bis 2050 könnten es 50% sein.

·         Um eine Netzüberlastung an sonnigen Sommertagen zu verhindern müsste man das Netz verstärken, was aber sehr teuer ist und nur wenige Stunden im Jahr benötigt wird. Es betrifft ca. 1 bis 3 Prozent der produzierten Jahres-Strommenge

·         Aus volkswirtschaftlicher Sicht limitiert man sinnvollerweise die ins Netz eingespeiste Leistung, indem man die Anlage drosselt oder den überschüssigen Strom selber verbraucht. Hier greift eine neue Regelung auf Basis des kürzlich angenommenen Stromgesetzes:

·         Energieversorger können Anlagen per Fernsteuerung abregeln, also die Leistung senken oder zwangsabschalten – nicht nur bei einer unmittelbaren erheblichen Gefährdung des Netzbetriebs. Sie bekommen das Recht, 3 Prozent der Jahresproduktion einer Anlage abregeln zu können.

·         Der Verband unabhängiger Energieerzeuger vertritt Eigentümer von PV-Anlagen und schlägt vor, dass man statt teurer Fernsteuerungen eine Art freiwillige Selbstbeschränkung bei der Stromeinspeisung vorsieht, gepaart mit einem finanziellen Anreiz.

·         Der Betreiber soll die maximale Einspeiseleistung auf maximal 60 Prozent limitieren und so die jährlich eingespeiste Energiemenge um etwa 4 bis 6 Prozent reduzieren. Der Rückliefertarif steigt dafür um 8 Prozent, so der Vorschlag. Den nicht eingespeisten Strom kann man selber nutzen.

·         Ob Energieminister Rösti sein Vorhaben justieren wird, ist unklar. Erwartet wird, dass der Bundesrat im Spätherbst die entsprechende Verordnung definitiv verabschieden wird.

Kommentar:

Eine Solaranlage mit 10 kW peak hat meist einen Transformator der weniger liefert, z.B. maximal 8.2 kW. Hier verliert man zu Spitzenzeiten auch schon etwas an Energie, aber insgesamt ist es effizienter, weil die effektive Leistung die meiste Zeit unterhalb der Peakleistung liegt.

Analog ist es mit dem Netzausbau: Dieser soll nicht auf die maximale Peakleistung ausgerichtet sein. Der Netzausbau wird zu einem gewissen Grad erfolgen müssen, nur die grossen Einspeise-Spitzen müssen anders abgefangen werden. Die Drosselung der Einspeisung um maximal 3 Prozent pro Jahr erscheint da eine sinnvolle Strategie.

 

Hier kommt das Aber: Man kann den Strom zwar selber nutzen bei einer Einspeisedrosselung, aber gerade dann braucht man ihn eher nicht, da man sowieso schon genug hat und eine allfällige Batterie ist dann wahrscheinlich auch schon gefüllt. Aber dies sollte nicht durch die PV-Anlagenbesitzer alleine zu bezahlen sein, sondern durch alle Strombezüger – das ist eine Frage der Fairness! Hier greift der Alternativvorschlag, dieser erscheint mir deshalb durchaus eine sinnvolle Variante zu sein.